„Ich ziehe meinen Hut vor Menschen, die sich nicht durch Kritik und Meinungen anderer von ihrem Weg abbringen lassen“

„Ich ziehe meinen Hut vor Menschen, die sich nicht durch Kritik und Meinungen anderer von ihrem Weg abbringen lassen“

 

Interview von Christina Angrabeit

Berlin. Er ist der Begründer des MonokelPop und bereits seit 1995 auf den deutschen Bühnen unterwegs. Ob auf Festivals, Clubs, Theatern oder auch in Cafés, er schickt sein Publikum auf eine Zeitreise in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die Rede ist von Entertainer und Sänger Daniel Malheur. Sein neuestes Projekt ist das ,,Heaven & Hell Orchestra“, mit welchem er vor kurzem das Album ,,Mephistopolis“ veröffentlicht hat. ,,Mephistopolis“ beinhaltet die düsteren Texte und Kompositionen von Charles T. Goodhill, welcher Anfang der 1900er seine Werke auf den Weg brachte.

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Daniel Malheur  |Photo: (c) Heinrich von Schimmer

Wie bist du zum MonokelPop gekommen?

„Oh das ist eine längere Geschichte: Angefangen habe ich als Sänger in einer Schüler-Hardrock-Band namens ,,HEAVY HOUSEWIFES WAITING FOR THEIR HUSBANDS“. Ich habe Gesangsunterricht genommen und bin so zu lyrischen Liedern und Chansons gekommen. Ich hatte neben Hardrock auch ein großes Faible für Hans Albers und Marlene Dietrich und hab dann angefangen, deren Schlager zu singen. Das kam besser an und entsprach meinen gesanglichen Fähigkeiten mehr als Hardrock und so hab ich 20er Jahre Schlager ausprobiert. Ich hab viele tolle Songs ausgegraben und bin am Ende dabei geblieben. Ich hab zu Tanzorchesteraufnahmen von Schellackplatten gesungen und so meinen eigenen Stil etabliert. Mit meinem MonokelPop versuche ich, „den Geist der 20er Jahre“ ins Hier & Jetzt zu transportieren.“

Was fasziniert dich an dieser Epoche am meisten?

,,Die Epoche der Weimarer Republik ist, glaube ich, eine sehr schlimme aber auch spannende Zeit gewesen. Den Menschen ging es wirtschaftlich wirklich schlecht. Sie hatten gerade den ersten Weltkrieg überlebt, das Kaiserreich war zusammen gebrochen und es herrschte eine Art Anarchie. Die politischen Kräfte waren mit sich selbst beschäftigt, es gab (zunächst) keine moralischen Instanzen. Fast jeder hatte mit dem blanken Überleben zu kämpfen. Das setzte Energien frei und plötzlich entstanden Ideen in Kunst und Kultur, die man vorher im Kaiserreich gar nicht denken durfte. Alles war möglich, im Guten wie auch im Schlechten. Es gab in allen Bereichen neue Denkansätze, es war ein gesellschaftlicher Neuanfang. Die Frauen haben sich emanzipiert, Homosexuelle haben sich öffentlich geoutet, neue Kunstformen entstanden und, und, und…“

Wer stieß auf die Texte von Charles T. Goodhill und kam schlussendlich auf die Idee seine Texte im MonokelPop Stil aufzunehmen?

,,Ich bin vor einigen Jahren auf dem Flohmarkt auf ein Plattenalbum gestoßen mit Orchesteraufnahmen eines gewissen Charles T. Goodhill. Als ich sie dann zum ersten Mal hörte, wußte ich zunächst nicht, was ich davon halten sollte. Titel wie ,,MY WAY TO HELL“, ,,ANOTHER REDLIGHT NIGHTMARE“, ,,SCHIZOPHRENIC“ oder ,,THE BAD VISION“ – aber die Stücke waren wirklich super. Ich begann zu recherchieren. Im Netz habe ich zunächst nichts gefunden, aber in dem Buch „Voluptuous Panic: The Erotic World of Weimar Berlin“ von Mel Gordon stieß ich dann auf das „okkulte Berlin“ der 20er Jahre, auf Spelunken und abseitige Vergnügungsetablissements. So muss die Welt des Charles T. Goodhill ausgesehen haben. Da fand ich auch das „Himmel und Hölle“, in dem Goodhill wohl als Jazzkapellmeister tätig gewesen war. Warum soll er also nicht auch jener “Meister der schweren Musik“ gewesen sein, von dem bei Marian Dockerill (My Live in a Lovecult) im Kapitel über die okkulten Kreise Berlins die Rede ist?

Ich hatte inzwischen schon fast 20 Jahre Schlager gesungen, jetzt war die Gelegenheit, einen neuen Schatz aus den 20ern zu heben. So wuchs langsam die Idee, ein „anderes“ 20er Jahre Programm auf die Bühne zu bringen. Ach ja, und die Texte…“

Gibt es etwas, was Du an Charles T. Goodhills Texten besonders inspirierend oder interessant findest?

,,Wenn ich ganz ehrlich bin, wirken einige Texte ziemlich hanebüchen bis verwirrt auf mich. Sie haben so gar nichts von dem feinsinnigen Humor des deutschen Schlager der 20er. Dieser zeigt sich dann aber, wenn man das „Böse“, den Teufel oder auch nur die „selbstverliebte Egozentrik“ des Protagonisten in seichten Tanzrythmen verpackt und so tut, als wäre nichts. Andere Songs wiederum sind einfach schöne Liebeslieder oder auch einfach fröhliche Schlager, wie „THE JUMPDANCE“.“

Viele Bands und Sänger haben sich schon in der Vergangenheit seiner Texte bedient. Was glaubst du, sind die Beweggründe?

,,Das ist wahrlich schwer zu beantworten. Die Herren Kilmister, Scott und Dio können wir ja nun auch nicht mehr fragen… Mir selbst geht es darum, Geschichten zu erzählen. ,,Tauber“, ,,O`Montis“, ,,Comedian Harmonists“ – und jetzt die Geschichte des Charles T. Goodhill dran.“

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The Heaven & Hell Orchestra                                      Foto: Heinrich von Schimmer

Wie ist die Bandkonstellation vom ,,Heaven & Hell Orchestra“ entstanden?

,,Wir waren bemüht, so nah wie möglich, an die Originalbesetzung des Goodhill`schen Tanzorchesters heranzukommen. Der Pianist Dirk Bewig (Door of Perception), mit dem ich schon viel zusammen gearbeitet habe, hat die Stücke aus den Originalaufnahmen herausgehört und neu arrangiert. Dann haben wir Musiker gesucht. Für das Schlagzeug konnten wir unseren Freund Stoppel Eggert (Selig / James Last / Lucifer`s Friend) gewinnen. Die Violinistin Agata Gromek habe ich auf einer 20er Jahre Party in Berlin getroffen und Sie hat unseren Kontrabassisten Kaspar Loyal von der Berliner Staatsoper mit in die Band gebracht.“

Was erwartet die Besucher und Fans der Konzerte des ,,Heaven & Hell Orchestra“ live?

,,Meilensteine des Heavy Metal wie man sie so noch nie gehört hat! ,,ACE OF SPADES“ gespielt als Tango, ,,HOLY DIVER“ als Polka, ,,HELLS BELLS“ als Foxtrott und ,,PARANOID“ geradezu in Manier der Herren Brecht und Weil …eine Nacht im Hinterzimmer des ,,Himmel & Hölle“ im Berlin der ausgehenden Weimarer Republik“

Du arbeitest auch noch gleichzeitig an anderen Projekten. Könntest Du hierzu etwas erzählen?

,,Ich habe noch meine „klassischen“ Solo-MonokelPop-Programme mit deutschen Schlagern der Schellack-Ära, ich spiele ein bisschen Theater, mache inszenierte Lesungen mit einem Kollegen aus Hamburg und bin Conférencier. Im Moment arbeite ich aber intensiv an einem Theaterkonzept für das Goodhill-Programm ,,MEPHISTOPOLIS“. Mal gucken… Ich hätte auch gern ein eigenes Cabaret…“

Ist es nicht schwer alle Projekte zeitlich unter einen Hut zu bekommen?

,,Es bedarf ein wenig Organisation und man muss Prioritäten setzen, dass man sich nicht mit zu vielen Projekten verzettelt.“

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Album Cover von „Mephistopolis“

Hast du Vorbilder? Wenn ja, wer sind diese?

,,Ich ziehe meinen Hut vor Menschen, die sich nicht durch Kritik und Meinungen anderer von ihrem Weg abbringen lassen, sondern an sich glauben und ihr Ziel verfolgen. Aber direkte Vorbilder wüsste ich jetzt spontan nicht. Florence Foster Jenkins – vielleicht.“

Stell Dir vor, Du könntest in den wilden 20er Jahren leben. Würdest Du es tun?

,,Nein, ich bin froh im Hier & Jetzt zu leben. Ich bin mir sicher, dass wir uns gar nicht wirklich vorstellen können, wie schwierig und mühselig das Leben in den 20ern war.“

Gibt es etwas, was Du den Lesern noch mitteilen möchtest?

,,HeideWitzka – Hoch die Tassen! …ach ja, und kauft unsere CD und glaubt nicht alles, was Ihr lest!“

Vielen herzlichen Dank für das Interview und Deine Zeit!

Das Album ist unter http://www.steampunkrecords.com/Mephistopolis_-_The_Heaven_And_Hell_Orchestra/p942396_16526481.aspx weltweit erhältlich.

 

Tourdaten

DANIEL MALHEUR

– 08.01.2017 11.00 Uhr “Neujahrsempfang” Neues Schauspielhaus Uelzen Rosenmauer 9 29525 Uelzen
– 18.02.2017 20.00 Uhr “Lass mich Dein Badewasser schlürfen!” Schloß Schönhagen Schloßstr. 1 24398 Brodersby
– 16.03.2017 20:00 Uhr “Lange Nacht der Kleinkunst” Haus 13 e.V. Adolfstrasse 13 25335 Elmshorn
– 17.03.2017 20:00 Uhr “Lange Nacht der Kleinkunst” Haus 13 e.V. Adolfstrasse 13 25335 Elmshorn
– 18. – 19.03.2017 “Clockwork Cabinet” Schloß Crailsheim Schlosstraße 2 97348 Rödelsee
– 01.06.2017 20:00 Uhr “Vom Salontenor zum Begründer des MonokelPop!” Wunderkammer Varieté-Theater Wildemanner Straße 11b 38685 Bergstadt Lautenthal
– 17.06.2017 20.00 Uhr “Lass mich Dein Badewasser schlürfen!” Schloß Schönhagen Schloßstr. 1 24398 Brodersby
– 08. – 09.07. 2017 “Airship Northstar II” Ford & Etal Estates, TD12 4TJ Berwick-upon-Tweed Great Britain
– 10. – 13.08.2017 “Phoenix Alternative Festival” Llanfyllin Workhouse LLANFYLLIN SY22 5LD Great Britain
– 13.10.2017 20.00 Uhr “Lass mich Dein Badewasser schlürfen!” Schloß Schönhagen Schloßstr. 1 24398 Brodersby
– 24.11.2017 20.00 Uhr “Lass mich Dein Badewasser schlürfen!” Schloß Schönhagen Schloßstr. 1 24398 Brodersby

THE HEAVEN AND HELL ORCHESTRA & THE HEAVEN AND HELL TRIO

– 04.03.2017 19:30 Uhr “MEPHISTOPOLIS (TRIO-BESETZUNG)” Alte Meierei Am See Honigkamp 16 24211 Postfeld
– 05.03.2017 19:00 Uhr “MEPHISTOPOLIS (TRIO-BESETZUNG)” AcousTiki Time@ Tiki Heart Wiener Straße 20 10999 Berlin
– 23.03.2017 20:00 Uhr “MEPHISTOPOLIS (TRIO-BESETZUNG)” Tonfink Große Burgstraße 46 23552 Lübeck
– 24.03.2017 20:00 Uhr “MEPHISTOPOLIS (TRIO-BESETZUNG)” Prinz Willy Lutherstraße 9 24114 Kiel
– 25.03.2017 19:30 Uhr “MEPHISTOPOLIS (TRIO-BESETZUNG)” Zebrano–Theater Lenbachstraße 7a 10245 Berlin
– 30.04.2017 “Bohème Sauvage” (ORCHESTER -BESETZUNG) BASSY COWBOY CLUB Schönhauser Allee 176A 10119 Berlin
– 04.06.2017 14:00 Uhr “MEPHISTOPOLIS (TRIO-BESETZUNG)” Sixtina Sternwartenstr. 4 04103 Leipzig

Internet:

Homepage:
http://www.daniel-malheur.de/

Facebook:
https://www.facebook.com/DanielMalheurOfficial/
https://www.facebook.com/HeavenAndHellOrchestraOfficial/

YouTube:
https://www.youtube.com/user/MonokelPop

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