Interview mit Adrian Hates: Überraschungen im Live-Set der Dead End Dreams Tour 2025

Interview mit Adrian Hates: ÜberRaschungen im Live-Set der Dead End Dreams Tour 2025

Adrian Hates von Diary of Dreams | Pressephoto: (c) Max Unutzer

Kurz vor dem Auftakt der Dead End Dreams Tour 2025 hatte ich am Donnerstag, den 6. November, die Gelegenheit und Ehre, mit Sänger und Songwriter Adrian Hates von Diary of Dreams über die bevorstehende Tour (Support: Auger), das aktuelle Album Dead End Dreams (Chapter I) und vieles mehr zu sprechen. Was die kommenden Konzerte so besonders macht, erfahrt ihr im folgenden Interview.

Ein Interview von Christina Angrabeit

CA: Hallo Adrian, danke dass es so kurzfristig mit dem Interview geklappt hat. Du bist im Tourstress, beziehungsweise in den Vorbereitungen, nehme ich an?

Adrian Hates: Gerne. (lacht) Kein Problem, dafür sind wir hier. Der Schreibtisch ist voll bis oben hin. Alles wird gepackt und organisiert – der übliche Tour-Blues vorher, ganz normal.

CA: Also Hektik pur?

Adrian Hates: Ich bin immer froh, wenn ich im Nightliner sitze und das erste Konzert vorbei ist. Dann kehrt ein wenig Ruhe in den Kopf ein. Die Tage verlaufen wie ein kleines Murmeltier-Ritual, und ehe man sich versieht, ist die Tour schon wieder vorbei. So geht das dann immer.

CA: Ich habe gelesen, Zürich ist das erste Datum?

Adrian Hates: Ja, genau.

CA: Also geht es in die Schweiz.

Adrian Hates: Korrekt, ja.

CA: Und dann geht es mit der Tour in Hannover los?

Adrian Hates: Genau. Morgen geht es per Autoweg in die Schweiz, übermorgen findet dort das Konzert statt, und anschließend geht es wieder zurück. Dann verbringen wir drei Tage hier, bevor es mit dem Nightliner für zehn Tage und acht Shows weitergeht. Danach haben wir zwei Wochen Pause, gefolgt von zwei weiteren Konzerten in Magdeburg und Hamburg.

CA: Was erwartet die Besucher bzw. die Fans auf der Dead End Dreams Tour 2025?

Adrian Hates: Wir haben das Set auf jeden Fall massiv auf den Kopf gestellt – mit vielen Songs, die wir entweder noch nie oder schon ewig nicht mehr gebracht haben. Also, wir reden hier von Songs, die seit über 20 Jahren nicht mehr gespielt wurden – und natürlich auch von einigen ganz neuen Stücken. Insgesamt ist es ein sehr buntes, frisches Set mit vielen Überraschungen, möchte ich sagen.

CA: Oh, das hört sich sehr gut an.

Adrian Hates: Ja, auf jeden Fall. Wir freuen uns auch sehr darüber. Es ist wirklich spannend, mal wieder ein komplett erneuertes Set zu spielen. Das macht Spaß und ist schön – eine gute Mischung. Gleichzeitig bedeutet es natürlich sehr, sehr viel Arbeit im Vorfeld, weil man kaum auf Songs zurückgreifen kann, die man schon gut kennt und in denen man geübt ist.

Jetzt kommen auch noch Songs hinzu, die fast 20 Jahre alt sind. Die muss man also erst wieder üben, quasi neu lernen. Ich habe ein paar Songs „geleakt“. Zum Beispiel Mankind. Der stammt vom gleichen Album wie Butterfly Dance oder Chemicals – also richtig alte Songs. Die meisten in der Band haben diese Songs noch nie gespielt. Ich selbst habe sie natürlich früher gespielt, aber das ist bestimmt 20 Jahre her. Chemicals vielleicht nicht, aber Mankind auf jeden Fall.

CA: Ich habe gelesen, ursprünglich bist du als Solo-Artist gestartet und dann wurde daraus eine Band. Wie ist das entstanden?

Adrian Hates: Die Betrachtungsweise ist immer sehr schwierig, weil ich würde uns auch heute nicht als klassische Band bezeichnen. Das waren wir, glaube ich, nie. Ich habe das immer versucht. Das war so mein großer Wunsch, das als großes Kollektiv zu machen. Aber ich glaube, dafür muss man auch selbstkritisch genug sein, um zugeben zu können, dass ich zu klare Vorstellungen habe von dem, was es sein soll.

Und ich denke, dass zu viele Köche da den Brei vielleicht nicht verderben, aber auf jeden Fall verändern. Und zwar in so einem Rahmen, dass mir dann wiederum persönlich die Identifikation mit dem, was dabei rauskommt, schwerfallen würde. Und da ich ja sehr, sehr persönliche Sachen verarbeite und sehr persönlich und privat schreibe, wäre das für mich echt schwierig, dann Songs zu haben, die sich nicht als mein Eigen anfühlen.

Deshalb ist das mit der Bandgeschichte immer so eine Sache. Ganz am Anfang war das ja eher eine Formation, bei der man versucht hat, etwas Bandähnliches auf die Beine zu stellen. Man muss auch ehrlich sagen, damals gab es noch gar nicht so viele andere Möglichkeiten – da kamen gerade erst die ersten Drumcomputer und ähnliches auf.

Adrian Hates von Diary of Dreams | Pressephoto: (c) Max Unutzer

CA: Ich habe gelesen, das war so um 1989 mit der Bandgründung?

Adrian Hates: Also, das war schon ein paar Jahre davor, dass ich daran rumgebastelt hatte. Und dann war es meistens so bei den Proben – ein Klassiker: Der Bassist kam nicht, weil er krank war, der Schlagzeuger hatte keine Lust, und so weiter. Meistens standen wir dann nur zu zweit oder zu dritt da, und nur selten waren wirklich alle anwesend.

Und da habe ich halt schnell keine Lust drauf gehabt. Der junge Mann, der damals gesungen hat, der hat das dann noch nicht so verwirklicht, wie ich mir das vorgestellt habe. Insofern habe da sehr früh so eine Federführung übernommen, obwohl ich das eigentlich so gar nicht wollte.

Denn eigentlich wollte ich nur Gitarrist sein. Und dann kam das halt so, dass man dann gesagt hat, okay, dann müssen wir uns jetzt so einen kleinen Drumcomputer kaufen. Das war dann der Alesis SR-16. Und dann habe ich gedacht, okay, dann können wir gucken, vielleicht noch ein kleines Keyboard dazu. Und dann war es der Casio CCL-101 und der Korg Wavestation Korg-01W und so weiter.

Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass das doch immense Vorteile hat, wenn man nicht auf andere Leute warten und verlassen muss. Alistair Kane war damals auch dabei – er gehörte zur Ur-Formation – dann habe ich ihn so ein bißchen mitgenommen. Er steht ja auch gerne online als Gründungsmitglied. Ich weiß nicht, ob ich das so bezeichnen würde, aber er war auf jeden Fall dabei. Die Bandformation wechselte ständig: Einer kam, einer ging, wieder kam jemand, wieder ging jemand. Das ist auf Dauer natürlich sehr schwierig.

Entweder sind die Leute beruflich stark eingebunden, oder sie haben eigene musikalische Projekte – wie zum Beispiel Torben, der mit Diorama so eingebunden war, dass es irgendwann einfach nicht mehr geklappt hat. Wir sind nach wie vor eng befreundet, und ich veröffentliche seine Releases weiterhin auf meinem Label. Es gibt eben ganz unterschiedliche Gründe, warum sich die Wege der Einzelnen irgendwann wieder trennen.

Ich sehe uns als ein musikalisches Projekt mit gemeinsamen Interessen, Ideen und Vorstellungen. Dennoch ist es letztlich mein Projekt: Am Ende entscheide ich, wie etwas umgesetzt wird – oder eben nicht.

Ich glaube, das ist ganz gut, weil das so noch den roten Faden ergibt. Aber die aktuelle Formation ist ja auch schon länger zusammen. Dejan, der Schlagzeuger, ist zum Beispiel schon 15 Jahre dabei, Felix ist relativ frisch – ich glaube, so sechs oder sieben Jahre. Hilger ist auch schon wieder zehn Jahre mit an Bord.

Also insofern, wenn man über dieses Thema spricht, Fluktuationen von menschlicher Präsenz in dieser Band, dann verweise ich gerne darauf, dass die Beziehungen, die man mit Kollegen in der Band hat, oft enger sind als die eigentlichen Beziehungen, die man zu seinen privaten Partnerschaften pflegt. Und dass dann eine Beziehung von zehn, 15 Jahren eigentlich schon ein ganz solides Ergebnis ist. Das soll natürlich auch ein bisschen davon ablenken, dass tatsächlich der Durchlauf bei uns relativ hoch ist. Ich glaube, das hat viele Gründe. Einer der Gründe bin mit Sicherheit auch ich.

CA: Weil man die Leute ziemlich häufig sieht.

Adrian Hates: Ja, natürlich.

CA: Manchmal nachher sogar mehr als die Familie, wenn man so viel unterwegs ist und so viel arbeitet.

Adrian Hates: Gerade wenn man sehr viele Konzerte hat – in den Topjahren waren es gerne 40, 50 oder sogar 60 im Jahr – ist man ja tatsächlich kaum noch zu Hause.

Wenn du so viereinhalb, fünfeinhalb, sechseinhalb Wochen Tourneen am Stück unterwegs bist, weißt du natürlich alles übereinander. Kleinigkeiten können dann nerven, Menschen verändern sich, oder sie wollen sich bewusst verändern und sagen: „Es ist mir einfach zu viel. Ich habe kein Leben mehr neben der Musik und meinem Job.“ Das muss man dann auch respektieren.

Adrian Hates | Pressephoto: (c) Silke Jochum

CA: Wie du schon erwähnt hast, hast du ja dein eigenes Label Accession Records gegründet. 1995 habe ich gelesen. Ist das dann nicht noch mehr Arbeit als ohnehin schon mit der Musik und den Konzertvorbereitungen? Ist das eher eine Entlastung oder Belastung im Endeffekt?

Adrian Hates: Gute Frage. Das ist tatsächlich oft eine Belastung, weil natürlich alles zeitgleich passiert. Beziehungsweise, weil ich aus diesem Modus des Arbeitens auf höchstem Niveau gar nicht mehr richtig herauskomme. Es ist so: Man produziert, ist mit der Produktion fertig, geht direkt ins Mastering, dann folgen die Grafiken, die Videos, die Fotos – und anschließend beginnt die Promoarbeit. Dann kommt die ganze Presseabwicklung dazu, die Herstellung, der Verkauf, und schließlich wandert alles in den Shop. Der Shop gehört ja auch uns. Dann begleitet man den Shop, dann macht man die Merchartikel. Es ist schon tatsächlich ein guter Punkt.

Oftmals wünsche ich mir, es wäre ein bisschen anders. Aber auch da ist es schwierig, die Partner zu finden, denen man das anvertrauen kann und möchte. Denn wir haben eine persönliche Bindung zu den Menschen, die unsere Musik hören und die auch bei uns im Shop kaufen. Wir kennen viele persönlich. Das ist mir ganz wichtig, wie mit den Menschen umgegangen wird. Ich möchte, dass das immer auf höchstem Respektniveau ist und dass man möglich macht, was man möglich machen kann.

Und es ist weit mehr als nur eine Dienstleistung – dahinter steckt auch eine freundschaftliche Bindung, etwas Familiäres, würde ich sagen. Viele Fremdshops würden einem nicht so viel Spielraum lassen, wie man es sich selbst vorstellt. Deshalb machen wir es einfach gerne selbst.

Man muss dazu auch erwähnen, dass sich diese Struktur in einer Zeit entwickelt hat, in der es noch Faxgeräte gab. Wir als Label haben damals Promos noch in CD-Form verschickt, und anschließend wurden die Interviews geführt. Damit war die Promowelle für ein Album im Grunde abgeschlossen. Das war eine völlig andere Struktur – ein ganz anderer Arbeitsaufwand als heute, mit all den Social-Media-Kampagnen und den verschiedenen Plattformen. Auf den ersten Blick mag das angenehmer und effizienter wirken, tatsächlich ist es aber wesentlich mehr Arbeit als früher. Letztlich hat beides seine Vor- und Nachteile.

Ich will gar nicht das eine schwarzmalen und das andere über den grünen Klee wegloben. Ich möchte damit nur sagen, dass der Arbeitsaufwand eines Labels damals, als ich es gegründet habe, deutlich geringer war. In den frühen 2000ern waren wir beispielsweise noch zu fünft im Büro – das war natürlich eine ganz andere Situation. Als dann der CD-Kollaps kam, mussten leider die Personalkosten reduziert werden. Das war eine sehr traurige Entwicklung. Ich hätte das gern anders gemacht. Aber es war einfach nicht möglich, weil der Umsatz stark zurückgegangen war. Der reine Download damals beziehungsweise das späte Streaming haben einfach nicht genug eingebracht, um Mitarbeiter in dieser Form zu beschäftigen.

Über solche Themen stellst du wirklich schöne Fragen. Dazu könnte man tatsächlich abendfüllend erzählen und diskutieren, weil sich die Zeiten einfach stark verändert haben. Heute bekommt man mehrere hundert E-Mails pro Tag, damals waren es fünf, sechs Anrufe und zehn Faxe – und das war’s. Das ist der Unterschied.

CA: Also hast du das Label gegründet, damit du alles selber in der Hand hast? Oder hatte sich das so ergeben?

Adrian Hates: Ich hatte mein erstes Album bei Dion Fortune Records veröffentlicht, und den damaligen Chef kannte ich auch gut. Wir sind damals friedlich miteinander umgegangen und auch danach freundschaftlich verbunden geblieben. Aber ich hatte einfach eine andere Einstellung dazu: Ich wollte, dass mit unserer Musik anders umgegangen wird.

Wir haben damals vom Debütalbum sensationell gut verkauft – und das mit einem quasi nicht existenten Aufwand seitens des Labels. Viele Kosten, zum Beispiel für Grafiken, habe ich außerdem selbst getragen.

Damals habe ich noch Lithographien erstellt, um die Pressungen herstellen zu können, und das habe ich alles selbst bezahlt. Am Ende habe ich dafür aber nur sehr, sehr wenig Geld bekommen.

Da habe ich gedacht: Okay, viel Geld ausgeben und am Ende wenig zurückbekommen – das kann ich selbst übernehmen. Also habe ich es dann einfach selbst gemacht. Damals war ich das alles noch ganz allein. Ich weiß gar nicht so recht, wie ich das erklären soll, aber da war natürlich altersbedingt auch noch eine gewisse Grundnaivität dabei. So in der Art: Das kann ich selbst. Da ist man ja schon ein bisschen mutiger und auch ein bisschen naiver an die Sache rangegangen. Und ich habe das dann einfach gemacht. Learning by doing.

Und das hat dann auch irgendwie sehr schnell, Gott sei Dank, sehr gut funktioniert. Aber das hätte genauso gut auch in die Hose gehen können, wenn man ehrlich ist. Das wäre auch nicht schlimm gewesen. Dann hätte ich etwas anderes gemacht. Aber damals hat man diese Herangehensweise gehabt. Und damit bin ich ganz gut gefahren.

Aber es war für mich die Möglichkeit, oftmals in dieser ganzen Karriere, die ich so hinter mir habe, Entscheidungen zu fällen, die mir ein Label niemals genehmigt hätte. Ich denke da nur an zum Beispiel das Fotoshooting mit sechs Personen in Island. Was bin ich belächelt worden für diese Entscheidung? Was wurde ich da ausgelacht für? Was habe ich für Kommentare hinter den Kulissen bekommen? Das kannst du dir nicht vorstellen. Aber es war ja egal. Es war das Firmengeld. Ich konnte ja damit machen, was ich wollte.

Und im Endeffekt hat mir dieses, ich weiß es gar nicht mehr, sieben oder acht Titelstorys beschert. Und zwar eben auch mit diesen Fotos, mit diesem Album, mit dieser Historie, mit dieser ganzen Story. Das war halt eine gute Entscheidung. Auch wenn sie sauteuer war. (lacht)

CA: Ihr seid also ganz nach Island geflogen?

Adrian Hates: Da sind wir mit der Band, der Visagistin, dem Fotografen und dem Grafiker hingefahren. Heute würde man das wahrscheinlich als Teambuilding-Maßnahme bezeichnen – das war es auch. Aber vor allem war es auch eine Möglichkeit, unfassbare Fotos zu machen – zusammen mit unserer langjährigen Freundin Silke Jochum. Sie hat für Diary immer wieder Fotos gemacht, und über die ganzen Jahrzehnte hinweg sind dabei immer wieder schöne Bilder mit uns entstanden.

Und das war damals wirklich das Sahnehäubchen. Es war ein erstaunliches Erlebnis: Mit einem Land Rover sind wir mit der ganzen Truppe über Berg und Tal gefahren, haben vorher die schönsten Plätze ausgesucht und sind dann hingefahren, um Bilder. zu machen

Ich weiß, dass danach wahnsinnig viele Menschen die gleichen Orte aufgesucht haben, um dort ebenfalls Fotos zu machen. Das sehe ich ehrlich gesagt bis heute in der Szene, und ich muss dabei immer ein bisschen lächeln. Für viele Fans war es sogar der Grund, nach Island zu reisen, um es selbst zu erleben – was ich nur zu gut nachvollziehen kann.

Allerdings muss ich sagen: Damals waren die Gletscherseen, die Wasserfälle und so weiter oft nur spärlich erschlossen – wenn man Glück hatte, gab es einen kleinen Schotterparkplatz- der für ein paar Autos gemacht war. Heute ist das alles asphaltiert und mit Souvenirshops ausgestattet. Auch der berühmte Strand ist inzwischen komplett touristisch erschlossen.

CA: Dieser schwarze Strand?

Adrian Hates: Genau, der Reynisfjara Beach. Heute kennt ihn jeder, der Strand ist völlig touristisch erschlossen. Damals mussten wir noch mit Sack und Pack durchs wilde Gelände laufen – dort gab es überhaupt nichts. Wir mussten ein paar Kilometer entfernt parken und dann hinlaufen. Aber genau das macht es ja auch besonders: eine Art Vorreitergeschichte zu erleben, etwas zu entdecken und dabei wunderschöne Erinnerungen und Fotos mitzunehmen.

Aber zurück zum Label-Thema: Das sind all diese Dinge. Hätte ich damals einen Label-Deal gehabt, hätte ich gesagt: ‚Hier, das möchte ich machen.‘ Wenn ich Glück gehabt hätte, hätte man das vielleicht zu 100 Prozent mit meinen Lizenzen verrechnet. Wenn ich Pech gehabt hätte, hätte ich ein ,Nein‘ bekommen. Ich konnte es einfach selbst entscheiden. Genau diese Freiheiten gibt mir ein eigenes Label. Der Nachteil ist natürlich, dass es auch viel Arbeit bedeutet.

CA: Jetzt kommen wir wieder zurück in die Gegenwart. Wie würdest du euer aktuelles Album Dead End Dreams am besten beschreiben?

Adrian Hates: Ich nehme mich da ehrlich gesagt immer raus. Ich denke immer, dass meine Wahrnehmung dessen, was ich mache, immer anders ist als die Wahrnehmung der Leute, die es hören. Und insofern würde ich das wahrscheinlich eher in eine falsche Richtung lenken. Ich habe jetzt viel gelesen, dass Hörer das so empfinden, dass es klanglich in die Vergangenheit, vor allem in die 90er, geht und das Ganze gleichzeitig ein bisschen in die Neuzeit projiziert wird. Ob das tatsächlich so ist, kann ich dir nicht sagen.

Ich mache einfach die Musik, auf die ich Lust habe. Felix und ich sitzen dann gerne zusammen im Studio, produzieren das Ganze, haben unseren Spaß und versuchen, uns kreativ auszutoben. Dabei denken wir nicht in Kategorien, setzen uns keine Grenzen und haben keine konkreten Ziele vor Augen. Wir sagen nicht: ‚Das soll jetzt so und so klingen.‘ Es gibt viele Produzenten, die tatsächlich so arbeiten und sagen, dass eine Produktion oder ein Song so oder so klingen soll. Ich finde das aber total komisch. Das klingt dann so wie nachbauen – auch wenn man nur den Sound nachbildet.

CA: Das wäre ja wie kopieren.

Adrian Hates: Genau. Das ist nicht mein Stil. Ich möchte gerne, dass wir da sitzen und was machen, was ungeplant ist.

Man erfindet das Rad ja nie neu, aber wir setzen uns hin und lassen etwas aus uns heraus entstehen – nicht mit der Vorgabe: ‚Das wird jetzt ein Dance-Track‘ oder ‚das wird jetzt eine Ballade‘. Es entsteht einfach so, und das ist das Coole daran. Momentan haben wir noch 40 bis 50 Songs übrig.

Die Songs müssen alle noch ausproduziert werden, aber in der Grundkomposition haben wir schon Festplatten voller Musik.

CA: Es gibt ja Chapter 1, und wahrscheinlich wird es noch Chapter 2 geben?

Adrian Hates: Minimum.

CA: Und dann Chapter 3?

Adrian Hates: Die Reise geht weiter – genau. Ich habe auch geschrieben, dass ich gar nicht weiß, wie lange die Reise dauern wird. Vielleicht für immer. Vielleicht auch nur drei Jahre, ich habe keine Ahnung. Ich weiß es nicht. Ich mag das Format gerade sehr gerne, weil es uns ermöglicht, schneller zu kommunizieren und Inhalte schneller zu veröffentlichen.

Ein Album mit 12 Songs würde einfach doppelt so lange dauern. Die Zeit will ich mir gerade nicht nehmen. Ich möchte lieber ein bisschen griffiger arbeiten, ein wenig spontaner und schneller. Einfach etwas veröffentlichen, damit man die neuen Songs auch schneller wieder ins Live-Set übernehmen kann.

Ich habe das damals schon gemacht, als wir Menschfeind und Panik Manifesto aufgenommen haben. Das waren ja Mini-Alben, und mir haben die Songs damals total gut gefallen. Ich habe es richtig genossen, sie zu machen. Das ist mir immer im Hinterkopf geblieben.

Dann kam noch die Verknüpfung mit Dead End Dreams, das im Endeffekt einen Textteil aus dem Song Panik von Panik Manifesto enthält. Dadurch wurde ich wieder daran erinnert, und ich dachte mir: „Warum hast du das eigentlich nicht mal wieder gemacht?“ Für mich war die Schlussfolgerung: Ich habe die Songs immer gebraucht, weil sie kostbar waren, und wollte damals einfach ein Album machen. Da habe ich gesagt: „Ja, vielleicht war das die falsche Herangehensweise. Wir probieren es jetzt einfach mal so.“ Das ist eben auch wieder so ein Ding – als Label kann ich das einfach umsetzen.

Ich wurde schon oft für meine Entscheidungen belächelt. Im Endeffekt waren sie nicht immer alle super, aber keine davon hat mich jemals ruiniert. Und ich genieße diese Entscheidung gerade sehr. Wir können jetzt ein schönes Album machen, das auch eine gute Spielzeit für Vinyl hat – das nur nebenbei bemerkt. Es lässt sich nämlich wunderbar auf Vinyl übertragen. Sonst hat man ja schnell wieder das Problem mit einer Doppel-Vinyl oder muss das Album kürzen, damit es überhaupt draufpasst. Jetzt machen wir das einfach mal so, solange ich Spaß daran habe – und wenn sich das irgendwann ändert, machen wir es eben wieder anders.

CA: Wird es denn eine Vinyl geben?

Adrian Hates: Die gibt es schon.

CA: Ich bin ein totaler Vinyl Fan. Ich frage auch manchmal noch Presse CDs (oder auch Vinyl an), aber es gibt leider nur noch Downloads.

Adrian Hates: Ja, mit der Presse machen wir das mittlerweile auch so, weil wir einfach zu oft erlebt haben, dass es mit dem Handling schwierig war. Entweder wurde das Zeug weiterverkauft oder landete nur in privaten Sammlungen – und am Ende stand dann irgendwo auf einer Facebook-Seite ein Zweizeiler dazu. Es gibt zwar immer noch ein paar Kandidaten, mit denen man das anders handhabt, aber im Großen und Ganzen ist der digitale Download heute die Komponente, mit der man arbeitet. Im Shop gibt es dann zusätzlich die Vinyl-Version. Eine Vinyl ist auch ehrlich gesagt sehr teuer, das darf man nicht vergessen.

CA: Ist sie teurer in der Produktion?

Adrian Hates: Viel teurer.

CA: Weil so viele Bands und Musiker jetzt auch Vinyl pressen wollen und dann wurde somit die Nachfrage für die Presswerke höher, oder?

Adrian Hates: Ich will mich da jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber meines Wissens war Vinyl schon immer teurer als die CD. Das war ja damals auch eines der Argumente, warum sich die CD so etabliert hat: Sie war in der Herstellung günstiger und ließ sich dadurch billiger verkaufen. Vinyl hingegen ist teuer, mit langen Wartezeiten verbunden – Testpressungen, ein separates Mastering, wenn man es richtig machen will. Das ist schon ein kostspieliger Spaß. Aber auch da wieder: Ich finde es super. Ich habe sie im Regal stehen und freue mich jedes Mal darüber.

CA: Jetzt muss ich nochmal kurz nachhaken. Hast du schlechte Erfahrungen gesammelt in der Zeit, wo es die Presse CDs oder die Downloads gab?

Adrian Hates: Generell war der physische Tonträger als Bemusterung ein sehr kostspieliger Spaß und wurde oftmals nicht mit dem erwarteten Feedback belohnt.

CA: Oder weiterverkauft?

Adrian Hates: Zum Beispiel. Gerade bei DJ-Promotion war das ein Problem: Sobald die Aktion durch war, konntest du online gehen, und Ebay war voll mit diesen CDs.
Das war damals einfach so. Aber jede Zeit – Zeit ist hier das bessere Wort als Generation – hat ihre eigenen Herausforderungen, Probleme und Schwierigkeiten. Ganz normal. Man muss sich einfach anpassen und seinen Weg finden, damit umzugehen.

CA: Ich habe in eure Musik reingehört, und deine Stimme erinnert mich ein wenig an Peter Heppner. Wurde dir das schon öfter gesagt – oder magst du diesen Vergleich eher nicht?

Adrian Hates: Habe ich ehrlich gesagt nie gehört.

CA: Peter Heppner kennst du ja sicher von Wolfsheim – deine Stimme erinnert mich in manchen Facetten ein bisschen an ihn.

Adrian Hates: Ich kenne Peter und habe natürlich die Assoziation. Ich habe mal einen Heppner-Song zusammen mit Joachim Witt gesungen – Die Flut – bei einem Orchesterkonzert mit Joachim. Danach wurde mir gesagt, dass ich das sehr authentisch rüberbringen konnte. Aber ansonsten habe ich diesen Vergleich zu Heppner bisher noch nie gehört. Auf jeden Fall nicht ein Vergleich, der mir irgendwie regelmäßig auf den Tisch käme.

CA: Also ist dir das jetzt auch nicht unangenehm?

Adrian Hates: Jeder Sänger will natürlich für das gehört werden, was er selber darstellt. Ich habe nie versucht, wie ein anderer Sänger zu klingen. Würde auch gar nicht funktionieren bei mir. Ich habe halt mein Timbre und meinen Ton. Was bei Peter und mir vielleicht simultan sein kann, ist, dass wir eine leicht nasale Stimme haben. Das könnte vielleicht so die Ähnlichkeit darstellen.

CA: Ich möchte nun auch nicht behaupten, dass eure Stimmen gleich klingen. Halt nur einige Facetten.

Adrian Hates: Ja, das habe ich bisher auch nicht so oft hinterfragt – im Sinne von: beim Hören, ob es an irgendjemanden anderen erinnert.

CA: Das sollte auch kein Vergleich sein.

Adrian Hates: Alles gut. Ich empfinde das jetzt weder als Kompliment noch als Beleidigung. Das ist ja ganz neutral festgestellt. Aber… wüsste ich jetzt auch nicht. Ich müsste es mir noch einmal anhören und dann nochmal hinterfragen. (lacht)

CA: Wie entscheidest du, ob ein Song auf Deutsch gesungen wird oder auf Englisch? Wann fällst du die Entscheidung: Jetzt wird das ein englischer Song und wann wird er auf Deutsch geschrieben?

Adrian Hates: Gute Frage. Ich habe das immer so empfunden, dass Sprache auch etwas wie ein Instrument ist, weil Sprache natürlich eine Melodie und eine Farbe hat – eine harte oder eine weiche. Und da habe ich immer versucht, das sprachliche Potential irgendwie was gegeben ist zu nutzen, um diese Farbe zu unterstützen. Und Englisch und Deutsch sind natürlich für mich erstmal die zwei Primärsprachen, auf die ich zurückgreife.

Einen kleinen Part habe ich auch mal auf Französisch gemacht. Aber mein Italienisch ist nicht ausreichend, um das überzeugend rüber zu bringen. Und sonstige Sprachen ohnehin nicht, aber für mich ist das so eine Situation, wo der Song mir die Sprache eigentlich fast vorgibt.

Manchmal lasse ich das auf mich wirken, höre in mich hinein, und dann ergibt sich die Sprache eigentlich von selbst. Ich entscheide das auf eine fast passive Art, möchte ich fast sagen. Und genau das ist auch der Grund, warum es Alben gibt, die mehr Deutsch enthalten, und solche, die weniger Deutsch enthalten.

Weil die Songs das für mich entsprechend vorgegeben haben. Und jetzt ist es halt relativ wenig und bei Grau im Licht war es ein bisschen mehr. Ja, ich mach das nach Lust und Laune.

CA: Wie kam die Wandlung vom Darkwave zum Futurepop um die Jahrtausendwende?

Adrian Hates: Nein, kam nicht.

CA: Kam gar nicht?

Adrian Hates: Ich weiß nicht, wer sich das ausgedacht hat.

CA: Ich habe das im Internet gelesen.

Adrian Hates. Bei Wikipedia kann jeder reinschreiben, was er will. Ich hab nie Futurepop gemacht. Bezogen wurde sich damals, glaube ich, auf den Song She, da ist halt ein Sound von einem Plugin benutzt worden, das damals relativ viele Bands verwendet haben. Und daher kommt, glaube ich, die Assoziation.

Vielleicht gab es noch O‘ Brothers Sleep oder ich weiß nicht, welche Songs dafür anders gewesen sind, aber es war die Zeit, wo mir das vorgeworfen wurde. Es war ja damals regelrecht ein Vorwurf und ich hab mit der Futurepop-Branche nie was zu tun gehabt. Auch das ist für mich wieder keine Beleidigung oder auch kein Lob. Für mich war das einfach nicht zutreffend. Also wenn man so aufzählt, was sich damals im Futurepop bewegt hat, waren das, glaube ich, primär VNV Nation, Apoptygma Berzerk und Covenant. Ich weiß nicht, ob das tatsächlich diese Speerspitze war, auf die sich da bezogen wurde. Aber damit hatten wir nichts zu tun. Das war ja völlig fern davon.

Das war ja sehr, sehr danceig, sehr Floor-orientiert und sehr Club-lastig. Da waren wir nie so richtig zu Hause. Dafür waren wir immer zu schleppend, zu schwer, zu schwerfällig auch im gesamten Klanggebilde und auch zu düster.

Die einzigen Songs, die damals wirklich herausbrachen, waren vielleicht She oder O’Brother’s Sleep, ich weiß nicht genau. Aber daraus abzuleiten, dass wir Future-Pop gemacht hätten, nur weil sich zwei Songs eines ähnlichen oder gleichen Plugins bedienten, fand ich total lächerlich. Dafür gab es in der Zeit auch Songs wie auf NigredoGiftraum, Kindrom – oder Balladen wie She and Her Darkness und so weiter. Das hat mit Future-Pop überhaupt nichts zu tun.

CA: Das könnten wir ja nun in diesem Interview klarstellen, dass du das so siehst. Ich habe das ehrlich gesagt auch auf Wikipedia gelesen.

Adrian Hates: Gerne. Das ist halt Wikipedia. Ich glaube, im Wissenschaftlichen steckt da auch viel Wahrheit drin. Aber im Endeffekt geben da Leute ihre private Meinung ab, kein faktisches Wissen. Das sind ja keine Tatsachen, und mich hat jedenfalls dazu keiner befragt.

Bei Wikipedia, wo es um uns geht, steht sowieso jede Menge Sperrmüll. Da schüttle ich regelmäßig den Kopf. Wenn ich mal eine freie Minute habe und mich amüsieren möchte, gucke ich manchmal nach, was wieder neu steht. Auch die Besetzung und die Historie enthalten oft viel Schmu.

Aber das schadet mir auch nicht. Dieser Future-Pop-Vergleich wurde mir damals nachgesagt, und dann hieß es irgendwann: „Ja, der geht jetzt in kommerzielle Richtungen.“ Danach kam Nigredo und dann waren sie alle ruhig. (lacht)

CA: Vielleicht wollten sie auch Schlagzeilen machen.

Adrian Hates: Ja, bestimmt. Die hauen ja immer gerne mal ein paar Sachen unüberlegt raus. Früher hat mich das mehr aufgeregt. Heute schüttle ich den Kopf und versuche es zu ignorieren.

CA: Ich nehme an, Adrian Hates ist dein Künstlername und wahrscheinlich nicht dein richtiger Name. Hast du da irgendwie eine Assoziation, wie du dazu gekommen bist?

Adrian Hates: Ich weiß noch, wann es mir eingefallen ist. Ich bin in meiner Heimatstadt Düsseldorf durch eine Seitenstraße gelaufen und da kam mir der Einfall. Dann habe ich mir den gemerkt und bin fortan unter diesem Namen nur noch aktiv gewesen. Das hat diverse Gründe. Es ist eine Art Selbstschutz. Außerdem fand die Verknüpfung mit einem Projekt, das sich um Träume und um nicht reelle Welten dreht, sehr stimmig. Daraus resultierte, nicht mit einem reellen Namen aufzutreten. Ich fand das Künstlername da einfach stimmiger. Dann gab es auch internationale Gründe, wo ich mit meinem bürgerlichen Namen aus diversen Gründen nicht auftreten will. Aber es ist auch ein amtlich anerkannter Name. Das steht in meinem Personalausweis. Ich kann gesetzlich mit dem Namen auftreten. Ich darf jedes Dokument mit diesem Namen unterschreiben.

CA: Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, von Anfang an, wo ich auf deine Musik gestoßen bin, ist der Name echt oder heißt er wirklich mit Nachnamen so?

Adrian Hates: Der Name ist frei erfunden – aus einer mangelnden Identifikation mit meinem eigenen Namen entstanden und später mit der Idee einer Traumwelt verschmolzen, fühlte sich das für mich sehr stimmig an. Und bis heute fühle ich mich mit diesem Namen ausgesprochen wohl. Das bin ich. Für mich steht das völlig außer Frage. Viele Menschen kennen zwar beide Namen, sprechen mich aber trotzdem mit meinem Künstlernamen an – und das ist völlig normal.

CA: Es gab jetzt keinen besonderen Auslöser in Düsseldorf, als du da durch die Straßen gegangen bist, wo du dachtest: ja, das ist es?

Adrian Hates: Nein, ich habe so einen rastlosen Kopf. Irgendetwas kurbelt immer. Ich weiß noch genau, wo mir der Albumname Hell in Eden eingefallen ist: Ich stand an der Ampel, hier um die Ecke, und auf einmal hatte ich den Namen. Manchmal sind es einfach so Eingebungen. Dann fahre ich wirklich rechts ran und schreibe die auf. Im Auto habe ich sowieso sehr viel, weil ich sehr viel herumkauen kann. Das kann man schwer erklären, aber wenn ich Ruhe und Zeit für mich habe, dann baue ich im Kopf mit Worten und Sätzen rum, nehme die auseinander, baue die wieder zusammen und versuche eine seltene oder unübliche oder eigentümliche Wortkonstellation zu finden.

So entstehen dann oft die Namen. So finde ich dann Worte, die in anderen Worten drinstecken und die einem so vielleicht nicht auffallen würden, aber die man dann eben hervorheben kann. Wenn man sie entweder anders schreibt oder Satzzeichen ändert oder sie dreht oder Buchstaben weglässt, das reizt mich total.

Das finde ich ultra spannend. Sprache ist ohnehin ein unglaublich cooles Werkzeug. In der Muttersprache ist man natürlich freier im Umgang mit der Sprache als in einer Fremdsprache, weil einem bei einer Fremdsprache oft nachgesagt wird, dass man sie nicht richtig beherrscht, wenn man sie falsch einsetzt – im Sinne von modifiziert. Bei einer Nicht-Muttersprache wird einem gerne unterstellt, dass man es nicht besser weiß. Bei mir war das jedoch nie der Fall, auch wenn ich retrospektiv bei einigen frühen Versuchen, die englische Sprache zu modifizieren, doch kläglich gescheitert bin. Später wurde das definitiv besser.

CA: Ich nehme an, Deutsch ist deine Muttersprache und Englisch deine Zweitsprache?

Ich habe in Amerika gelebt und war aufgrund meines Vaters, der lange in Schottland gelebt hat, viel in Schottland und zuvor häufig in England. Insofern habe ich die englische Sprache sehr früh kennengelernt, auch beruflich durch meinen Vater. In den Jahren habe ich dort auch viel gearbeitet, als meine Musik noch nicht ausreichte, um mir ein Butterbrot zu leisten. Daher war die englische Sprache für mich schon immer Teil des Alltags.

Deshalb ist es für mich selbstverständlich, auf Englisch zu kommunizieren. Englisch ist für mich schon irgendwie eine Fremdsprache, aber sie fällt mir nicht schwer. Ich muss dafür kein Übersetzungsprogramm zur Hilfe nehmen.

CA: Das ist natürlich ein klarer Vorteil, wenn man kein Übersetzungsprogramm braucht.

Adrian Hates von Diary of Dreams | Pressephoto (c) Silke Jochum

CA: Du hattest erwähnt, dass du anfangs Gitarrist warst. Spielst du denn auch noch andere Instrumente?

Adrian Hates: Angefangen habe ich mit neun Jahren mit der klassischen Gitarre. Ich bin lange Jahre gedrillt worden auf klassischer Gitarre. Damals war das noch in der Musikschule Unterricht, der an Folter grenzte. Das hat mit kreativen Arbeiten überhaupt nichts zu tun gehabt. Deswegen ist mir das Instrument auch erstmal sehr madig gemacht worden. Das wurde dann erst wiederbelebt, als ich einen anderen Gitarrenlehrer hatte, der mir seine erste E-Gitarre verkauft hat. Die E- Gitarre besitze ich heute noch. Eine wunderbare alte Perle von Fender für 400DM. Die hat für mich den Spaß an der Musik erst ermöglicht. Erstmal das zu entdecken, was man damit machen kann und wie cool das ist.

Dass Tonleitern eben nicht Musik sind, sondern Musik das ist, was ich mir an Musik ausdenke. In dem Sinne sind Tonleitern natürlich Musik – du weißt sicherlich wie ich das meine – wir wurden damals einfach nur gedrillt. Wir haben anderthalb Jahre nur Tonleitern gespielt. Das war eine ganz klassische Musikausbildung. Deswegen habe ich von damals auch wirklich relativ wenig übrig behalten, weil ich es, glaube ich, auch zwangsverdrängt hatte.

Mit 15 war ich in den USA und habe dort das Klavierspiel dazu gelernt. Vor Ort habe ich sowohl Klavier als auch Gitarre gespielt. Als ich zurückkam, habe ich dann Bass gespielt und war auf einem eher nebulösen Label-Meeting von Dion Fortune Records, bei dem ich Garden of Delight kennengelernt habe. Dort habe ich mich mit Diary of Dreams vorgestellt. Das ist übrigens auch etwas, das ständig falsch dargestellt wird.

Dann hat Artaud von Garden of Delight mich gefragt, ob ich bei denen nicht Bass spielen möchte. So kam das zustande. Ganz oft wird ja gesagt, ich habe Diary nach meiner Zeit bei Garden of Delight gegründet. Ich habe Garden of Delight nur wegen Diary kennengelernt.

CA: Ich glaube, das steht auch irgendwo im Internet. Dann ist es auch falsch.

Adrian Hates: Das ist völliger Quatsch. Das kann man auch ganz einfach belegen, weil, wie gesagt, das war ein Label-Meeting und ich hatte eine Bekannte, die bei uns ab und zu Background-Gesang gemacht hatte und die kannte den Gitarristen Thomas O’Connell von Garden of Delight. Und so sind wir eingeladen worden zu diesem Label-Meeting, um uns als Diary of Dreams vorzustellen. Damals waren noch die Merry Thoughts bei dem Label-Meeting sowie Cassandra Complex. Ach, eine Band fällt mir gerade nicht ein…. Die heißen heute Noyze TM. Am nächsten Tag klingelte dann bei mir das Telefon – Artaud war dran – und fragte mich, ob ich nicht Bass spielen will und ich sagte dann: „Ja, klar.“ Und somit habe ich dann quasi beide Projekte gleichzeitig gemacht.

CA: Ich habe gelesen, dass ihr mit Auger auf Tour geht? Sind Auger auf jedem Konzert der Dead End Dreams Tour 2025 dabei?

Adrian Hates: Ja, auf der Deutschland Tour.

CA: Wie kam das zu Stande?

Adrian Hates: Das war ein Wunsch von mir. Ich habe die angeschrieben und gefragt, ob sie Bock haben.

CA: Auger kenne ich auch. Frontmann und Sänger Kyle Blaqk habe ich bereits durch ein Interview und auch schon kurz persönlich kennengelernt.

Adrian Hates: Ich finde, wir erleben gerade eine wirklich großartige Phase in dieser Szene. Es bewegt sich wieder ganz viel, es entsteht Neues, und es kommen frische Strömungen und Bewegungen hinzu. Das genieße ich sehr, weil ich eine Zeit lang das Gefühl hatte, dass sich die Szene eine Zeit lang im Kreis gedreht hat und kaum neue Impulse dazugekommen sind.

Es gab Ausnahmen, aber nicht viele. Im Moment ist das eine unglaubliche Masse, die da kommt. Ich schreibe mir die Bands immer auf, weil ich es sonst vergesse. Ich habe eine Liste in meinem Telefon mit all den Bands, die ich entdeckt habe, über die ich gestolpert bin und die ich klasse finde. In der letzten Woche habe ich wieder vier oder fünf Bands angeschrieben und gesagt: „Schickt mir eure Infos für die nächsten Tourneen, damit ich euch ansprechen kann.“ So mache ich das gerne.

Ich habe auch Empathy Test, die damals noch nicht so populär waren wie jetzt, gerne mal angeschrieben und gefragt, ob sie Bock haben, bei uns den Support zu machen. Und viele andere Bands.

CA: Empathy Test kenne ich ebenfalls, habe sie schon live gesehen und mehrfach über die Band geschrieben und berichtet. Isaac Howlett habe ich nach einem Konzert auch schon einmal kurz persönlich kennengelernt

Adrian Hates: Ich finde es wichtig, dass wir uns um unseren Nachwuchs kümmern. Damals habe ich das ein wenig genießen dürfen, aber nicht allzu viel, denn es ging noch sehr viel mit Ellenbogen zu. Außerdem waren die Möglichkeiten damals relativ begrenzt.

Damals war es ja noch Zillo. Wenn du in der Zillo warst, warst du präsent; wenn nicht, eben nicht. Das war halt so ein Monopol, bis sich Orkus und Sonic durchgesetzt haben. Damals funktionierte sehr viel über die Zeitung. Heute denke ich für mich, dass diese jungen Bands dafür sorgen, dass die Szene neue, junge Leute bekommt – sowohl innerhalb der Szene selbst als auch im Publikum. Das ist total wichtig. Ich finde es supercool und richtig wichtig, dass die jungen Strömungen dabei sind, die gerade viele tolle neue Impulse einbringen. Ich genieße das sehr, höre mir die Musik auch selbst an, kaufe sie und supporte sie so gut ich kann.

Und dann Live-Möglichkeiten für die Bands zu bieten, das gehört einfach dazu.

CA: Das ist ein wunderbares Schlusswort. Ich freue mich darauf, Diary of Dreams und Auger am 13. Dezember 2025 live in der Markthalle Hamburg zu sehen. Herzlichen Dank an Adrian Hates für dieses tiefgründige und informative Interview.

(Anmerkung: Eventuell werden noch nachträgliche Präzisierungen am Interview vorgenommen)

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